Architecture on Instagram: Thousands of photos of buildings are posted online every day. How are image-sharing platforms affecting architecture and design? This is the question Stephan Ferenczy, BEHF Architects co-founder, discusses in an interview for Austrian daily Kurier.
Tausende Fotos von Bauten werden täglich ins Internet geladen und erreichen ein Millionenpublikum. Wie die Bilderflut die Arbeit von Architekten verändert und wie Gebäude fotogen werden.
Wenn Erfolg in Klicks gemessen wird, dann waren die Architekten des Schweizer Nobelhotels Bürgenstock am Vierwaldstättersee sehr erfolgreich. Sogar ein wenig zu erfolgreich. Bei der Neugestaltung des Spa-Bereichs planten sie ein Infinity Edge-Pool, das seit der Wiedereröffnung aber nicht nur zum Baden, sondern vor allem zum Fotografieren genutzt wurde. 20.000 Mal wurde seitdem das Bürgenstock im Internet auf Instagram gezeigt – vor allem mit halb nackten Gästen im Pool. Bald aber fühlten sich andere Besucher gestört und die Hotelleitung bremste: Seit Dezember sind Instagram-Schnappschüsse nur zu gewissen Zeiten erlaubt.
Täglich werden tausende Fotos von Bauwerken ins Internet geladen und erreichen über die Sozialen Netzwerke Facebook, Instagram und Pinterest ein Millionenpublikum. Alleine vom Eiffelturm gibt es 5,4 Millionen Bilder auf Instagram, vom Schloss Schönbrunn sind es immerhin 340.000. Das Massenmedium Internet wird dabei zum Kommunikationskanal für Architektur, beeinflusst aber auch die Arbeit von Architekten. „Manche Bauherren wünschen sich mittlerweile gezielt Plätze, wo Bilder für Selfies gemacht werden können“, sagt Stephan Ferenczy, Miteigentümer des Wiener Architekturbüros BEHF.
BEHF plant unter anderem das Interieur für Hotels und Restaurants, wo der Foto-Boom noch viel weiter ist als in anderen Bereichen. Für das Hotel Le Meridien an der Wiener Ringstraße, das vor zwei Jahren neu gestaltet wurde, entwarf BEHF daher den Eingang komplett aus Messing – ein Blickfang, der für Fotos geeignet ist. „Es werden heute viele Selfies dort gemacht“, sagt Ferenczy, „allerdings weiß man vorher nie, ob eine Idee wirklich so funktioniert.“
Doch welche Bilder, welche Ausschnitte von Gebäuden gehen im Netz tatsächlich ab? Die Kunst der Architekten besteht darin, Orte überschaubar und wiedererkennbar zu gestalten. Ein Platz muss schnell erfassbar sein. „Es funktioniert nicht, eine Art Bilderrahmen um einen Ort zu machen und darauf hinzuweisen, dass hier Fotos gemacht werden können“, sagt BEHF-Chef Stephan Ferenczy, „Plätze müssen so inszeniert sein, dass das Massenpublikum das Gefühl hat, schöne Fotomotive individuell zu entdecken.“
Spektakuläre Architektur macht es den Betrachtern leicht, viele reizvoll wirkende Ansichten oder Details für Bilder zu finden, auch wenn man wenig Zeit zum Fotografieren hat. Bei etwas zurücknehmender Architektur müssen sich die Betrachter etwas mehr mit einem Gebäude auseinandersetzen, um spannende Fotos zu schießen. „Es ist oft eine Frage der konzentrierten Aufmerksamkeit, Geduld und verfügbaren Zeit, die interessanten Einstellungen zu finden und auf das richtige Licht warten zu können“, sagt die bekannte Architekturfotografin Hertha Hurnaus.
Geschichtlich gesehen wurde die Fotografie in der Architektur immer schon strategisch eingesetzt. Weil Gebäude nicht mobil sind und nur über Bilder verbreitet werden können. Star-Architekten engagierten seit jeher berühmte Architekturfotografen, um ihre Bauwerke ikonenhaft ablichten zu lassen. „Nur die Intensität hat sich in den vergangenen Jahren verändert. Instagram beispielsweise ist ein wichtiges Kommunikationsmittel für Architektur geworden“, so Angelika Fitz, Leiterin des Architekturzentrum Wien (AzW).
Für das AzW eröffnet das Internet neue Kanäle: Fotowettbewerbe wickelt das Museum nur mehr über Instagram ab und nutzt die Nähe zu den Followern für kuratorische Recherche. Angelika Fitz: „Im Vorfeld zur Ausstellung SOS Brutalismus haben wir unsere Follower dazu aufgerufen, Bauten des Brutalismus abzulichten, um so auf akut vom Abriss bedrohte Gebäude zu stoßen.“
Doch auch Architekten selbst setzten die Neuen Medien gezielt ein, um ihre Arbeit zu präsentieren. Dem britischen Stararchitekten Norman Foster folgen fast 400.000 Menschen auf Instagram, sein französischer Kollege Jean Nouvel bringt es auf 200.000 Fans. Auch österreichische Architekten sind auf Instagram aktiv, wenn auch in viel kleinerem Maße. Eines dieser Büros ist Franz & Sue in Wien. „Unser Instagram-Kanal erreicht die Architekturcommunity und junge Kollegen, die wir irgendwann vielleicht als Mitarbeiter gewinnen wollen“, sagt Franz & Sue-Chef Michael Anhammer.
Das Büro plant vor allem öffentliche Bauten wie Schulen. Orte, an denen eine Kamera nichts verloren hat. Dennoch hat die Arbeit von Architekten auch hier immer eine bildhafte Ebene. „Architekturwettbewerbe haben etwas mit Bildern zu tun. In der Umsetzung versuchen wir, dieses Bildhafte zu erhalten“, so Anhammer.
Doch was, wenn der Hype um Instagram und die anderen Sozialen Medien dazu führt, dass nur mehr für Bilder und nicht mehr für die Nutzer gebaut wird? So abwegig ist die Überlegung nicht, wie andere beliebte Foto-Motive veranschaulichen: Manche Köche etwa geben unumwunden zu, dass es egal ist, wie eine Speise schmecke, Hauptsache sie schaue gut aus und ließe sich gut fotografieren.
Die zwei Pole aus Funktionalität und Ästhetik sind auch in der Architektur altbekannt. Die Frage ist, welcher Teil überwiegt oder wie beide am besten in Einklang gebracht werden. BEHF-Chef Stephan Ferenczy: „Wenn ein Gebäude nur mehr gut aussieht ohne für die Nutzer zu funktionieren, wäre es eine Enttäuschung.“ Franz & Sue-Chef Michael Anhammer pflichtet bei: „Es geht nicht nur um einen Wow-Effekt, der kurzfristig wirkt. Eine Gebäude muss langfristig funktionieren und da zählen ganz andere Dinge, nämlich Geborgenheit und die Möglichkeit zu realen Begegnungen“. Und ist das Reale nicht das einzig wirklich Relevante im Leben?
Von Barbara Nothegger